Reisebericht vom

3. WKC Children & Junior World-Cup (05./06.10.02) in Novi Sad, Jugoslawien


(Aus der Sicht einer Betreuerin)

Am Dienstagabend den 01. Oktober 2002 war es wieder soweit: Mit 18 Personen machten wir uns auf die Reise zum 3. Kinder- und Jugendweltcupturnier nach Novi Sad (Jugoslavien).

Mit von der Partie waren Maximilian Deck mit Vater Alois, Marc-Pascal Krüger mit seinen Eltern Gabi und Detlef, Marvin Richter mit Mutter Michaela, Sebastian Schmidt mit Vater Alex, Tamara Schmidt mit Vater Peter, Stefan Schneider sowie als Trainer Hellfried (Helli) Schneider und Paolo Demartis, als Betreuerinnen Gabi Schneider und ich selbst (Rita Jörs). Unsere ultimativen Schlachtenbummler und zuverlässigen Jubelfans waren Inga und Volker Jörs.

Pünktlich um 20:16 Uhr verließen wir den Bahnhof Wolfsburg mit einer riesigen Menge Gepäck in Richtung Hannover. Dort landeten wir um 21:20 Uhr.
Die Abfahrt des Euro-Night-Liners nach Wien verschob sich um 20 Minuten (auf ca. 22:46 Uhr). In diesem Liegewagen fuhren wir sehr komfortabel.

Es wurde noch ein wenig gegessen und getrunken, im Gang erzählt und gelacht; aber auch spekuliert, was uns in Novi Sad erwarten würde.
Gegen 1 Uhr bat uns der Zugbegleiter die Abteile aufzusuchen und im Gang Ruhe zu geben. Schließlich war es ein Liegewagen und andere Fahrgäste wollten Schlafen. Wir wurden morgens um 8 Uhr mit einem Frühstück im Zug geweckt. Kaffee, Tee, frische Brötchen, Butter und Marmelade.
So fing der Tag gut an – allerdings nicht für Marvin und Marc. Die beiden hatten abends Hellis Pullover bekleckert und mussten im Gang 10 Liegestütze machen.

Pünktlich um 8:55 Uhr fuhren wir im Wiener Westbahnhof ein. Die Verspätung in Hannover hatte der Zugführer eingeholt. Um 10:07 Uhr ging es weiter direkt in Richtung Novi Sad. Wir brauchten wirklich nur 2x umsteigen. Aber so direkt, wie wir angenommen hatten, fuhr der Zug nun doch nicht.
Er fuhr mehr als 7 Stunden durch die ungarische Puszta. Der Zug hielt sogar im Bahnhof von Budapest. Unsere Männer nannten ihn „Patrolienzug“ und meinten, er würde die ganze Grenze abfahren. Wir haben einige Male unsere Reisepässe zeigen müssen. An jeder Landesgrenze wurde die Lok abgekoppelt und eine andere Lok nahm ihren Dienst auf. An der Grenze zu Jugoslawien standen wir fast eine dreiviertel Stunde. Die Pässe wurden eingesammelt und jeder bekam ein Touristenvisum für die Zeit unseres Aufenthaltes. Natürlich nicht umsonst. 9 Euro pro Stück wurde uns abgeknöpft. Trotzdem lautete unsere Parole „Voll fit“, als wir nach 23 Stunden Zugfahrt um 18:45 Uhr in Novi Sad ankamen. Begrüßt wurden wir dort von unserem Vereinsgründer und jetzigem WKC-Präsident Fritz Wendland. Ruck-zuck verfrachtete er uns in mehrere Taxen. Die Fahrt ins Hotel dauerte nur wenige Minuten. Im Hotel erwartete uns unser 1. Vorsitzende Roland Dietrich und seine Frau Andrea. Die beiden waren geflogen.
Roland war vom WKC als Wettkampf-Organisator eingesetzt.

Bei der Zimmerverteilung gab es keine Probleme. Im Hotel wurden schnell die Euros in Dinar gewechselt. So konnten wir in kürzester Zeit unseren ersten Stadtbummel unternehmen. Das Hotel hatte für unsere Bedürfnisse eine fantastische Lage; direkt am Anfang der Fußgängerzone und nur 5 Minuten Fußmarsch zum Austragungsort des Turniers.

Wir suchten uns ein Restaurant und freuten uns auf ein schönes warmes Essen. Gegessen haben wir in Novi Sad immer gut und sehr günstig.
Ein Getränk (Cola, Brause, Bier, Wasser) kostete etwa 80 Cent pro 1/2 Liter. Ein vernünftiges Essen einschließlich Salat usw., in einem ordentlichen Restaurant kostete kaum mehr als 3,50 Euro.

Nach dem Essen und einem ausgiebigen Spaziergang begaben wir uns ins Hotel und richteten uns erst einmal ein. Die Zimmer waren ordentlich. Im Bad waren viele Fliesen gesprungen und die Armaturen veraltet, aber alles war sauber.

Am nächsten morgen trafen wir uns im Hotelrestaurant zum Frühstück. Dort hatte das Grauen einen Namen: KAFFEE!!!!!

Er bestand in der Tasse ca. zu einem Drittel aus Kaffesatz, der Rest war flüssig. Vom Geschmack brauchen wir gar nicht zu reden. Mischte man das Ganze mit Milch, bekam es die Farbe von frisch angerührtem Beton. Die Konsistenz war auch ähnlich. Der Kaffeesatz setzte sich dann aber nicht mehr ab und man hatte das Gefühl, Brei zwischen den Zähnen zu haben.
Der Tee war übrigens kaum besser. Ich hatte vorsichtshalber jeden Tag einen Teebeutel in der Tasche. Mann musste nur den Zeitpunkt abpassen ihn wieder herauszunehmen, sonst sog er selbständig die Farbe wieder in sich ein. Das Wasser im Hotel roch heftig nach Chlor. Vielleicht war das der Grund.
Zum Frühstück wurden wir gefragt, was wir gerne hätten: Käse, Wurst, Spiegelei, gemischtes Ei (Rührei). Einer unserer gestandenen Männer meinte diese Reihenfolge wäre in Ordnung - worauf der Kellner fast einen Zusammenbruch erlitt. Natürlich konnte man sich nur eines dieser sehr speziellen Sachen aussuchen. Der Käse bestand übrigens aus 3 Scheiben eines schwer zu beschreibenden Mozarellas, die Wurst waren 2 warme (nicht heiße) labberige Wiener mit Senf, aber die Spiegeleier waren richtig gut. Es gab noch Weißbrot mit unheimlich sahniger Butter und Marmelade (aber nur eine Sorte auf dem ganzen Tisch). Jeder bekam ein Gläschen Orangensaft. Satt konnte jeder gut werden. Wir sind wahrscheinlich nur viel zu verwöhnt.

Nach dem Frühstück trafen wir uns vor dem Hotel zu einem ausgedehnten Spaziergang durch die Stadt. Zuerst wanderten wir zum SPENS.
Das war die Anlage, in der das Turnier stattfand.

5 Sporthallen, ein Schwimmbad mit olympischen Ausmaßen, eine Eissportarena, viele Restaurants und unendlich viele kleine Geschäfte sind alle unter einem Dach beherbergt. Wirklich beeindruckend.

Als wir uns in aller Ruhe in kleinen Gruppen umgesehen hatten, versammelten wir uns wieder, um die Stadt weiter erkunden. Im SPENS hatten wir einen Stadtplan erstanden und konnten uns gar nicht mehr verlaufen. Dachten wir zumindest! Wenn da nur nicht die vielen Straßennahmen in kyrillischer Schrift gewesen wären! Gut das uns Alex und Alois da weiterhelfen konnten. Wir kamen an großen neueren Gebäuden mit schönem Springbrunnen vorbei und auch durch Gegenden, die wir nicht selbst bewohnen wollten. Putz der von den Wänden fällt und fehlende Farbe stachen sofort ins Auge.

Wir wollten direkt an der Donau spazierengehen. Auf dem Weg durch einen Park nutzten die Kinder den Rasen, um mehr oder weniger freiwillig die 5 Grundkatas zu üben.

Dann waren wir endlich an der Donau. Uns bot sich bei herrlichem Sonnenschein ein wirklich schönes Bild. Den ganzen Weg an der Donau entlang, traf man immer wieder auf kleine Kaffees. Cola für die Kinder, Cappuccino für die Frauen und Pivo (Bier) für die Männer mußte schon ab und zu mal sein.

Wir genossen die Wärme, durchschnittlich 20° C machten eine Jacke oft unnötig.

Novi Sad hat vom Krieg nichts abbekommen. Nicht ein einziges Einschussloch war zu entdecken. Vier zerbombte Brücken über die Donau und eine zerstörte Raffinerie waren die einzige Kriegslast, die diese Stadt zu tragen hat. Zumindest war nichts anderes sichtbar. Alles ist schon fast wieder aufgebaut. Eine riesige Brücke befindet sich in der letzten Aufbauphase.
Auch dieser Tag ging rasend schnell vorbei. Wir aßen wieder gemeinsam zu Abend. Bis Mitternacht saßen wir draußen und tranken noch eine Kleinigkeit. Auffallend viele hübsche junge Frauen waren in Novi Sad unterwegs. Novi Sad ist eine Universitätsstadt, vielleicht erklärt es das.
So manch einen Spaß und Lacher gönnten wir uns bei unseren abendlichen Umtrunken im Freien. Oft gab ein Wort das andere und es wurde sehr lustig. Die Kinder gingen immer etwas eher ins Hotel.

Beim Frühstück am Freitag morgen überraschten wir Sebastian mit einem Geburtstagsständchen. Ich glaube, es war ihm etwas unangenehm im großen Restaurant. Unsere Trainer, Helli und Paolo, wurden beim Turnier als Kampfrichter gebraucht und mussten an einer Schulung teilnehmen. Die Kinder sollten bei dieser Gelegenheit mit in die Halle gehen und gegen eine Auswahl an jugoslawischen Jugendlichen ihre Katakunst zeigen.
Die Kampfrichter brauchten Übungsmöglichkeit und unsere Wettkämpfer hatten die Möglichkeit, noch einmal zu trainieren. So wurden zwei Fliegen
mit einer Klappe geschlagen.

Der Rest unserer Reisegruppe teilte sich auf. Michaela, Gabi und Detlef nahmen Inga zum Shopping.

In der Fußgängerzone hatten die vielen Läden mit ihren günstigen Preisen gelockt.

Gabi Schneider, Peter, Volker und ich wollten uns die burgähnlichen Befestigungsanlagen auf der anderen Seite der Donau ansehen.
Beim Donauspaziergang am Vortag hatten sie uns mit ihrem schönen Anblick gelockt. Wir nahmen uns ein Taxi. Dort oben über der Donau bot sich uns ein sehr schöner Blick auf die Stadt. Wir trafen Andrea und ihre Freundin Susi. Ein Rundgang durch die Befestigungsanlage, die Teil des Limes war, machte uns neugierig. Am Eingang des Museums bot uns ein zum Museum gehörender junger Mann eine Führung durch die unterirdischen Gänge an. Das wurde richtig spannend. In einem sehr guten Englisch erklärte er uns alles Wichtige über die Außenanlagen und die von den Soldaten genutzten Gänge. 16 – 20 km solcher unterirdischen Gänge befinden sich dort. Es war sehr Aufschlußreich, mit welcher Raffinesse in früheren Jahrhunderten gebaut wurde.

Den Weg zurück in die Stadt unternahmen wir zu Fuß. Von der Burg hatten wir einen schönen Fußweg gesichtet. Es war gar nicht weit.

Die Kinder feierten im SPENS mit Alex und Alois ausgiebig Sebastians Geburtstag.

Am Nachmittag mussten Gabi und ich an einem Coach-Lehrgang teilnehmen. In die Wettkampfhalle konnten wir nur mit Teilnahme am Lehrgang kommen.

Gegen 18 Uhr trafen wir uns alle im Spens und bummelten gemeinsam in die Fußgängerzone. Hier war geschäftiges Treiben angesagt. Fliegende Händler und Straßenkünstler boten ihre Produkte an. Besonders angetan hatte es mir ein junger Künstler, der mit Sprühdosen und kleinen Spachteln die unglaublichsten Bilder zauberte. Fasziniert sahen wir eine Weile zu und kauften ihm auch etwas ab.

Gemeinsam aßen wir wieder alle zu Abend. Den Tagesabschluß begangen wir in einem Straßenkaffee bei Cappuccino und Pivo. Die Kinder zog es wieder schnell ins Hotel zurück.

Am nächsten Tag sollte es ernst werden.

Gleich nach einem frühen Frühstück brachen wir alle gemeinsam in Richtung SPENS auf. Marvin hatte seinen großen Auftritt. Unsere anderen Wettkämpfer waren erst am anderen Tag dran.

Marvins Pool sollte gleich um 8 Uhr starten. In der Wettkampfhalle erwies sich alles als ziemlich chaotisch.Roland sah aus wie am Rande einer Nervenkrise. 

Marvin war auch schon ganz schön nervös. Unsere anderen Wettkämpfer und Mitreisenden hatten auf der Zuschauertribüne Platz genommen und Marvin war froh, als sich Marc zu uns in die Halle gesellte.

Um 8.30 Uhr war es dann soweit. Die Wettkämpfer wurden ihren Pools zugewiesen und das Turnier konnte starten. Marvin zeigte seine Kata so gut er konnte. Leider reichte es nicht zur nächsten Runde.

Somit war für Samstag das Mitfiebern für uns zu ende. Wir gesellten uns zu den anderen auf die Tribüne und feuerten alle deutschen Wettkämpfer der startenden Dojos an.

Um 16 Uhr war die große Eröffnungszeremonie. Alle startenden Wettkämpfer liefen nacheinander im Gi unter großem Jubel in die Halle ein. Es waren so viele, dass es mich fast sprachlos machte.

Das Rahmenprogramm war auch eine Augenweide. Die tänzerisch dargebotenen Katas verfehlten ihre Wirkung auf die Zuschauer nicht.

Am Sonntag waren dann unsere anderen 5 Kämpfer am Start. Tamaras Pool wurde zuerst aufgerufen. Ich sprach ihr Mut zu und sie gab alles. So gelangte sie in die 2. Runde. Noch einmal wurde sie ganz nervös. Helli hatte einen Augenblick Zeit, sich zu uns zu gesellen und gab ihr letzte Tips. Tamara hatte unglaublich gute Gegnerinnen und verfehlte den Einzug ins Poolfinale um äußerst knappe 0,2 Punkte.

Tamara nahm es gelassen. Die späteren Siegerinnen waren unglaublich gut.

In der Zwischenzeit hatten auch Marc, Maximilian, Sebastian und Stefan ihren Kampf beendet. Gabi hatte alle Hände voll zu tun, um die Punktzahlen zu notieren. Leider kam keiner der Jungs in die zweite Runde. Auch hier waren die Gegner sehr stark. Die Enttäuschung unserer Kämpfer hielt auch nicht sehr lange an. Beim gemeinsamen Abschlußfoto für das Vereinsarchiv sah man schon wieder lächelnde Gesichter. Das war auch gut so.

Gemeinsam fieberten wir als Zuschauer mit den Mitgliedern das deutschen Nationalkaders mit. Lautstark feuerten wir sie an, so gut wir konnten. Hier endeten ein paar Plazierungen auf dem Siegertreppchen.

Gegen 21 Uhr verließen wir die Halle um uns bei der Party in der dem SPENS angeschlossenen Diskothek einzufinden. Wir hatten sehr gute Plätze in der oberen Etage ergattert und konnten nach einem reichhaltigen Menü (ein gummiartiges belegtes Sandwich) und ein paar Pivo (die Kinder tranken Cola) entspannt die riesige Meute auf der Tanzfläche beobachten. Lange schauten wir allerdings nicht zu. Nachdem Michaela, beide Gabis, Andrea, Detlef und ich eine zeitlang auf der Tanzfläche mitgemischt hatten, hielt es auch unsere tapferen Kämpfer nicht mehr auf ihrem Zuschauerplatz. Die Lautstärke in der Diskothek erreichte im Laufe des Abends solche Ausmaße,

dass wir das Gefühl hatte, die Ohren halten nicht durch. Gegen 0:20 Uhr verließen wir die Party Richtung Hotel. Es war ein langer Tag. Trotzdem tranken wir noch unseren Schlummertrunk in der nächtlichen Fußgängerzone. Die Kinder hatten keine Lust mehr mitzukommen. Sie wollten schon ihre letzten Sachen einpacken. Am nächsten Tag mussten wir ja die Heimreise antreten.

Zurück im Hotel fanden wir im Foyer das Nationalkader nebst Trainer, Kampfrichtern sowie Andrea und Roland vor. Eines der Kadermädels feierte ihren 18ten Geburtstag. Hier gab es noch ein Abschlußgläschen und dann ging es endgültig ins Bett.

Montag morgen um 9.35 Uhr ging unser Zug gen Heimat. Fritz Wendland verabschiedete uns am Bahnhof und wir sahen der langen Zugfahrt mit gemischten Gefühlen entgegen. Am Bahnhof wurden die letzten Dinar zurück in unseren Euro getauscht. Die Rückfahrt durch die Puszta kam uns nicht mehr so unendlich vor. Wir waren ja noch frisch und ausgeruht (relativ gesehen). An der Grenze zu Ungarn wurde uns das Touristenvisum wieder abgenommen. Die Ausweiskontrolle viel entschieden kürzer aus. Als die neue Lok vorgespannt war, ging es auch schon weiter nach Budapest. In Wien stiegen wir wieder in den bewährten Nachtzug mit Liegeabteilen, diesmal nach Hannover. Als in Göttingen die frischen Brötchen an Bord kamen, gab es Frühstück. Um 5 Uhr morgens. Richtiger heißer Kaffee und Tee – das hat vielleicht geschmeckt!!!!!

6.12 Uhr kamen wir in Hannover an, um 6.40 Uhr saßen wir im Zug nach Wolfsburg. Als es langsam hell wurde sahen wir das Unglaubliche: dicker weißer Rauhreif auf den Wiesen. Die Außenthermometer der Bahnhöfe zeigten etwa –2°C. Volker war noch in Sandalen ohne Socken unterwegs. Schließlich kamen wir ja direkt aus sonniger Wärme. In Gifhorn und Fallersleben stiegen bis auf Volker, Inga und mir alle aus. Für uns endete die Reise um 7:45 Uhr auf dem Bahnhof in Wolfsburg.

So anstrengend sie auch war, wir sind sicher, bei der nächsten Tour gerne wieder dabei zu sein.  

Rita Jörs, Frauenwart, Betreuerin und Teilnehmerin

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